Sanierung des Rathauses: Der Gengenbacher Gemeinderat hat am Mittwochabend mehrheitlich weiteren Dachgauben zugestimmt und beschlossen, die bislang offenen Arkaden zu verglasen.

Selten war eine Gemeinderatssitzung so gut besucht wie am Mittwochabend in der Schwaibacher Halle. Foto: Thomas Reizel

VON THOMAS REIZEL

Gengenbach. Der Gengenbacher Gemeinderat hat am Mittwochabend mehrheitlich den Weg für die weitere Planung der Rathaussanierung freigemacht. Er stimmte den zusätzlichen vier Gauben an der Fassade zu und lehnte den Erhalt des vielen Bürgern liebgewonnenen Arkaden-Durchgangs ab. Dabei machte es sich das Gremium nicht leicht.

Architekt Thomas Kupke, der per Video aus Berlin zugeschaltet war, hatte zuvor nochmals erklärt, dass er zwar Verständnis für den Erhalt des Durchgangs habe, dieser aber mit erheblichen Nachteilen verwunden wäre. Eine gewisse Großzügigkeit sei gewünscht, will man im Foyer einen Infound Wartebereich sowie den Bürgerservice realisieren.

Die Gauben, denen das Landesdenkmalamt zugestimmt habe, seien erforderlich, wenn das Raumprogramm der Stadt mit Büros im Dachgeschoss umgesetzt werden soll. Zudem kämen diese dem historischen Vorbild nahe. Andere Belichtungsformen, etwa Dachverglasung, lehne die Behörde ab.

„Abstriche machen“

Dieter Halsinger (Grüne Liste) erklärte unter anderem, dass es in seiner Fraktion keine einstimmige Meinung gibt. Einige Mitglieder tragen die Pläne mit, andere nicht. Halsinger erachte die Ansammlung aller Dienststellen im Rathaus und das Festhalten an den vor Corona erstellten Raumplänen und damit den Ausbau des Dachgeschosses als großen Fehler: „Wir müssen bei der Planung Abstriche machen. Dazu gehört auch die Verglasung der Arkaden.“ Außerdem müsse man mit Steuergeldern verantwortungsbewusst umgehen. Die Kosten sind mit 20 Millionen veranschlagt, wovon die Hälfte über Zuschüsse gedeckt wäre.

Im Übrigen sehe er für die Zukunft nicht mehr, dass die Bürger zum Sachbearbeiter gehen, sondern diese zu den Bürgern. Dabei bezog er sich auf einen Artikel in der Zeitschrift „Kommunal“. Sogar der Calwer Oberbürgermeister verzichte auf ein eigenes Büro im Rathaus. Auch sieht er den Raumbedarf im Rathaus in Zeiten von Homeoffice, e-Gouvernement, flexiblen Arbeitszeiten und Digitalisierung nicht: „Es ist nicht erforderlich, ein so großes Foyer mit Rezeption für den Bürgerservice zu haben.“ Nachdem sich bei der Bürgerinfo im Dezember viele für den Erhalt des Arkadendurchgangs ausgesprochen hätten, wäre für ihn sogar ein Bürgerentscheid wie in

Haslach denkbar gewesen. Diesen wolle er zwar auch nicht, aber er habe die Option aufzeigen wollen. Halsinger plädierte dafür, den Bürgerservice in der Adlergasse zu belassen. Außerdem fehle ihm ein nachhaltiges und klimaneutrales Wärmekonzept. „Im Zusammenhang mit der Rathaussanierung könnte auch ein Wärmenetz in der Altstadt auf den Weg gebracht werden.“ Andrea Ahlemeyer-Stubbe (SPD) zeigte sich stark verwundert, jetzt nochmals alles in Frage zu stellen. „Alle Argumente hätten deutlich früher kommen müssen“, verwies sie auf einen einstimmigen Beschluss vom Frühjahr 2022. Die Stadt sei auch Arbeitgeber. „Wenn wir das Dachgeschoss für Arbeitsplätze haben möchten, sind wir dem Arbeitsschutz verpflichtet.“ Es stimme auch nicht, dass im Zuge der Digitalisierung weniger Räume und Papier benötigt werde. Die Sanierung des Rathauses mit der Wärmeplanung zu verknüpfen, sei fahrlässig. Bürgermeister Thorsten Erny betonte, dass auch daran gearbeitet werde im Zuge der eigentlichen Projektplanung.

Reinhard Bischler (Freie Wähler) sprach sich für die Pläne der Stadt aus. „Seit ich im Gemeinderat bin, haben meine grünen ‚Freunde‘ keinem Kompromiss zugestimmt. Früher sind wir mit Kühen durch die Stadt gefahren, heute mit dem Auto.“ Markus Schilli (Grüne Liste) verwahrte sich gegen Bischlers „Beschimpfungen“ und sprang Halsinger bei. „Wir sind alle für die Sanierung des Rathauses, aber über die Art und Weise darf man diskutieren.“ Er befürchtet vielmehr, dass es ohne Windfang im Foyer für die Mitarbeiter vor allem im Winter sehr zugig werden wird, wenn Türen ständig geöffnet und geschlossen werden. Auch trete er für ein Wärmekonzept ein, weil die Weltklimakonferenz sagt, wir müssen weg von Öl und Gas: „Ich habe Kinder, und für die mache ich Politik.“ Michael Jülg (CDU) sagte: „Die Bündelung der Arbeitsplätze im Rathaus verschafft Möglichkeiten, das eine oder andere Gebäude sogar zu veräußern, was Geld in die Kasse spült.“ Er könne verstehen, dass der Erhalt des Arkaden-Durchgangs vielen ans Herz gewachsen ist, doch gebe es auch gute Argumente dagegen: „Das Rathaus wird offen und bürgernah sein, auch für Hochzeitsfotos.“ Franzjosef Ahne (Freie Wähler) bemängelte, dass der Verlust des Arkaden-Durchgangs beklagenswert sei und vor allem alle, die den Marktplatz bespielen, noch nicht wüssten, wie es für sie ohne Arkaden weitergeht. „Ich halte den Wartebereich für nicht notwendig.“ Denn er sehe schon jetzt im Bürgerservice in der Adlergasse kaum Wartende. Am Ende stimmte der Gemeinderat zweimal ab, einmal über die Gauben und den Arkaden-Durchgang. Zuvor war der Rat dem Antrag von Dieter Halsinger gefolgt, namentlich abzustimmen (siehe Kasten).

INFO: Der Gemeinderat hat das Reichenbacher Baugebiet Hubstraße II „beerdigt“. Darüber berichtet das OT am Samstag. 

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