Sehr geehrter Herr Bürgermeister Erny,

für viele Tier- und Pflanzenarten im städtischen Raum sind Pestizide ein Verhängnis. Denn nicht nur die unerwünschten Wildkräuter und Insekten werden beseitigt, sondern auch Honigbienen, Wildbienen, Schmetterlinge und Fledermäuse. Entweder töten und schädigen Pestizide Insekten oder Wildkräuter direkt oder

sie dezimieren ihren Lebensraum und ihre Nahrung. Von den fast 600 Wildbienen-Arten in Deutschland steht rund die Hälfte auf der Roten Liste. Dabei sind blütenbesuchende Insekten unentbehrlich für die Bestäubung von Wild- und Kulturpflanzen. Sie erhalten die Pflanzenvielfalt und sichern landwirtschaftliche Erträge und damit unsere Ernährung. Weltweit und auch in Deutschland erleben wir einen zunehmenden Verlust der Artenvielfalt. Grund dafür ist vor allem die intensive Landwirtschaft. Dort dominieren meist Monokulturen, die intensiv mit Pestiziden gespritzt werden. Hecken oder Blühflächen, als Rückzugsgebiete und Nahrung für viele Insekten, Vögel und Säugetiere fehlen oft komplett.

Das Ziel der Nationalen Biodiversitätsstrategie, den Verlust von Arten zu stoppen, kann mit dem aktuellen Pestizideinsatz nicht erreicht werden.

Siedlungsgebiete sind oft letzte Rückzugsorte für bedrohte Arten, die in der Agrarlandschaft keinen Lebensraum mehr finden. Die Stadt Gengenbach könnte hier Verantwortung und eine Vorreiterrolle für den Artenschutz übernehmen, indem sie bei der Flächenpflege keine Pestizide einsetzt. Auch für die menschliche Gesundheit, die Lebensqualität und den Tourismus ist der Pestizidverzicht ein Gewinn. Bundesweit sind bereits über 50 Städte ganz oder teilweise pestizidfrei, einige von ihnen sogar schon seit über 20 Jahren. Die Stadt Gengenbach könnte diesem positiven Beispiel folgen. Mögliche Maßnahmen sind vielfältig.

So könnten Flächen mit mehrjährigen Stauden bepflanzt werden, die Insekten ein ganzjähriges Blütenangebot und damit Nahrung und Lebensraum schaffen. Frühzeitiges Reinigen von Verkehrsflächen und planerische Weitsicht bei der Bebauung sind wichtige Elemente, um einen zu starken Bewuchs zu verhindern.

Wir beantragen daher:

Antrag:

Der Gemeinderat von Gengenbach beschließt:

  1. Ab sofort werden auf allen kommunalen Flächen (Kulturland sowie Nichtkulturland) keine chemisch-synthetischen Pestizide bzw. Neonikotinoide (Pflanzenschutzmittel) mehr eingesetzt.
  1. Private Dienstleistungsunternehmen, die den Auftrag zur Pflege öffentlicher Flächen erhalten, werden ebenfalls zu einem Pestizidverzicht verpflichtet.
  1. Der Ausbau der Aktivitäten zur Gewinnung von bienen- und insektenfreundliche Blühflächen oder Projekten wird noch stärker gefördert.
  1. Bei der Verpachtung kommunaler Flächen für eine landwirtschaftliche Nutzung wird ein Verbot des Einsatzes von Pestiziden im Pachtvertrag verankert.
  1. Bürger*innen werden über die Bedeutung von Biodiversität in der Gemeinde (z.B. über das Amtsblatt) informiert und gleichzeitig Möglichkeiten zum Schutz von Bestäubern wie Bienen und Wildbienen sowie giftfreie Maßnahmen beim Gärtnern aufzeigt.
  1. Ergänzend ist der Gesichtspunkt der Mulchung der Wegränder und Wegrandböschungen im Auftrage der Stadt neu zu regeln. Das Mulchen beginnt meist relativ früh im Mai. Dabei ist wohl die verkehrssichernde freie Sicht maßgebend. Viele Pflanzen blühen aber erst später, ab Juni/ Juli. Erst dann taugen sie als Insektenfutter. Das frühe Mulchen ist ein gewichtiger Störfaktor für das Tier- (über)leben im Frühsommer.

Zu prüfen wäre:

1.    Ob beim ersten Mulchdurchgang im Mai nur einstreifig gemulcht wird und erst beim zweiten Mulchdurchgang im August (Kräuterbüschel!) die komplette Breite. Oft sind für die Weg-Böschungen drei Arbeitsbreiten nötig.

2.    Ob bei einzelnen Abschnitten der erste Mulcheinsatz erst ab Juli/ August erfolgen kann.

3.    Ausgenommen davon sind Stellen die mit Neophyten bewachsen sind, insbesondere mit japanischem Staudenknöterich, der kanadischen Goldrute und dem Springkraut. Da braucht es eine frühe Bekämpfung mit drei bis 5 Wiederholungen. Was also an anderer Stelle eingespart wird, sollte an dieser Stelle gezielt ausgegeben werden, sonst haben wir in ein paar Jahrzenten in manchen Tälern nur noch Einfalt durch Neophyten.

Relevanz zu 6.:

Bsp.: Hüttersbachtal vom Harterhof über Bischoffsruh zur Einach + 200m auf den Abtsberg ergeben laut Luftbildmessungen eine Länge von 3,75 km. Die Mulchbreite ca. 1,0 m, ergibt für beide Wegränder 7500 m³, dann kommen noch bei einem  Drittel der Länge die zweite und dritte Arbeitsbreite dazu, ca. 2500m€, so dass immerhin 1 ha Fläche gemulcht wird.

Für die Gesamtgemarkung ergeben sich ca. 10 ha gemulchte Fläche.

Ein geändertes Konzept sollte evaluiert werden um zu wissen, ob die Vorschläge tatsächlich sinnvoll sind und greifen.

Begründung

In unserer Gemeinde werden, nach letzten Informationen der Verwaltung, wenn auch nur in geringem Maße, immer noch Pestizide eingesetzt, um Wege in Parks, Sport- und Spielplätze, Grünanlagen oder Straßenränder frei von unerwünschten Kräutern und Gräsern zu halten oder um gegen ungeliebte Insekten vorzugehen. Viele der Mittel stehen im Verdacht, Krebs zu erregen, die Fortpflanzung zu schädigen oder eine hormonelle Wirkung zu haben. Auf öffentlichen Flächen wie beispielsweise Sport- und Spielplätzen können die Wirkstoffe in direkten Kontakt mit den Bürger*innen kommen. Insbesondere für Kinder und Schwangere ist das eine Gefahr. Auch Haustiere wie Hunde und Katzen sind den Stoffen schutzlos ausgeliefert.

Besonders wichtig ist dabei immer die Kommunikation mit den Bürger*innen, um die notwendige Akzeptanz zu schaffen.

Unterzeichnet von:

Mit freundlichen Grüßen

Für die GLG-Fraktion

Dieter Halsinger

Verteiler:

CDU-Fraktion             Michael Jülg

SPD-Fraktion            Andrea Ahlemeier-Stubbe

FWV-Fraktion             Karl Heinz Claassen